Geschichte ist Geschichte

Das ist jetzt auch vorbei. Oder auch nicht. Schließlich laufe ich oft genug darüber hinweg. Was nach Straßenkunst aussieht, ist bloß Werbung. Versus ist ein Sportsender, und was da steht, ist der berühmte Slogan zu Play-Offs, die schon längst wieder gelaufen sind. Aber die Schablonenkunst bleibt halt über die Stadt, ach, was sage ich: über das ganze Land verteilt. Hab ich jetzt etwa ein Rätsel verdorben?

Kein Weltuntergang (erst mal)

Jetzt ist die Welt doch nicht untergegangen. Für die meisten jedenfalls. Bei Robert Fitzpatrick bin ich mir da nicht so sicher. Er hat seine ganzen Ersparnisse darauf verwendet, New York mit Plakaten zu überziehen, die den Weltuntergang ankündigen (und sein Buch dazu, das er im Eigenverlag herausgebracht hat). Ich war gespannt darauf, was Weltuntergangsverkünder eigentlich machen, wenn der Armageddon ausbleibt. Robert Fitzpatrick wirkte recht verstört. Er habe sich geirrt, sagte er. Und ging. Er ist aber gar nicht derjenige, der das Datum festgelegt hat – er hat nur fleißig missioniert. Seine Glaubensgrundlage stammt vom Radioprediger…

Des Kaisers neue Unterwäsche

Ich wasche schon ewig in Waschsalons, und ungefähr genauso oft höre ich die Frage: Hast du keine Angst, dass dir da einer deine Sachen klaut? Nein, habe ich nicht. Aber wann immer ich die Frage höre, wird mir für einen Moment ein bisschen flau. Das Gefühl wasche ich mir porentief sauber aus dem Pelz mit dem Gedanken, dass ich schon ewig in Waschsalons wasche und noch nie etwas weggekommen ist, weder bei mir noch bei sonst irgendwem. Bis jetzt. Ich will mich mit R.* treffen, er muss aber eben noch seine Wäsche fertigmachen. Was in…

Abschied in der Galerie

Die meisten Leute fangen an zu wispern, kaum dass sie ein Museum betreten haben. In einer Galerie ist es lockerer, aber auch hier gibt es nur eine gewisse Bandbreite an Verhaltensweisen. Dachte ich. Da sind die tiefsinnigen, ironischen oder angeberischen, halblauten Konversationen unter Kennern, die Hallos innerhalb dieser oder jener Szene, die ganz leicht unentspannten Gespräche mit der Künstlerin oder dem Künstler, manchmal schauen die Leute genervt oder geschockt drein, manchmal lacht tatsächlich jemand. Aber noch niemals habe ich erlebt, dass jemand weint. Bis jetzt. Die rumänische Künstlerin Ioana Nemes war Artist in Residence bei…

Downtown-Reporter

Der Präsident war wieder hier. Heute Nachmittag hat er einen Kranz am Ground Zero niedergelegt. Ein solches Ereignis wird selbstverständlich vom Fernsehen begleitet, und vorher, hinterher oder mittendrin steht ein Außenreporter vor der Kamera und berichtet oder kommentiert. Jeder so, wie er es für richtig hält. Aber die Plätze sind nun einmal begrenzt, und die Sender dürfen nicht die ganze Stadt lahmlegen. Deshalb drängeln sich bei solchen Anlässen meist in irgendeiner Seitenstraße die Ü-Wagen. Und nicht nur das. Ja, ganz recht: Das sind Außenreporter verschiedener Sender, die da direkt nebeneinander ihre Beiträge sprechen. Und ein…

Next Bus, please

Diese Stadt hat mich verdorben. Wenn ich das zugebe, will jegliches Gegenüber immer gleich ein Beispiel hören. Erst einmal konkretisiere ich: New York verdirbt einen für das Leben anderswo. Das fiel mir auf, als mich neulich ein Besucher aus meiner Heimat fragte, ob die U-Bahnen die ganze Nacht durchfahren. Ich sagte erst einmal nichts, und ich fürchte, ich schaute ein wenig dümmlich aus der Wäsche. Es dauerte halt einen Moment, bis ich die Frage verstand. “Ja”, sagte ich also, und schluckte das “klar!” betreten herunter. Ich möchte mir nicht vorstellen, wieder Fahrpläne auswändig lernen zu…

Osterspaziergang

Die feinen Damen haben damit angefangen. Zu einer Zeit, als “feine Dame” noch ein gebräuchlicher Begriff war und “hip” ein Körperteil. Zum Kirchgang trug man Sonntagsstaat (was sich hier in manchen Gegenden gehalten hat), inklusive Hut, und zu Ostern zeigten die feinen Damen, was sie hatten. So wurde daraus nicht nur eine Osterparade auf der Fifth Avenue, die mehr einer Flaniermeile als einer ordentlichen Parade gleicht, sondern auch eine Hüteschau. Ganz ohne Pferderennen. Als erstes treffe ich auf ein Grüppchen, das sich märchenhaft zurechtgemacht hat. Unbestritten am stärksten von Kameras umlagert ist eine Frau, deren…