Manhattan gestern und übermorgen

Der New Yorker Pecha Kucha-Abend steht seit einer Weile immer unter einem Motto. “Urban Design” heißt diesmal das Thema für die kurzweilige, lehrreiche Vortragsreihe mit je 20 Folien á 20 Sekunden. Das hat mit der Urban Design Week zu tun, die in wenigen Tagen startet. Visionäre, Stadtplaner, Parkdesigner, Nachbarschaftsforscher, Straßenschließer, Fährverkehr-Wiederbeleber geben sich das Mikro in die Hand, ich sehe Developer Porn, ganz viel Grün, ganz viel Wasser, Holz, Rost, Hudson-Kies und ein bisschen Wolkenkratzer mit schlechtem Ruf. Ganz kribbelig macht mich Eric Sanderson, dessen Vortragsweise mich gar nicht mal übermäßig vom Barhocker reißt (der…

Postkarte für die Lücke

Zum zehnten Jahrestag der Anschläge des 11. September 2001 ist New York in Aufruhr. Gedenken trifft Terrorangst. Ich habe bis Mitternacht gewartet, diesen Eintrag (mit dieser Ergänzung) online zu stellen. Ich war bei keiner Feier. Aber ich habe ein schönes Foto von meiner liebsten Gedenkstätte. Das ist “Postcard” auf Staten Island. Aufgenommen zu einer Zeit, als man zwischen den beiden Teilen hindurch noch auf eine Lücke schaute. Jetzt ist das neue WTC 7 ja schon riesig. Damals war da nur ein Nichts. Die beiden weißen Wänden sollen Postkarten sein, und in sie hinein sind kleine…

Geisterhaus mit nur einer Wand

Das könnte eine Spukgeschichte werden. Von Männern, die vor ein paar hundert Jahren erfolglos gegen die Engländer gekämpft haben, von unbescholtenen Bürgern, die für Helfershelfer gehalten wurden – und die allesamt im Sugar House gelandet waren und dort an Brotmangel oder an anderen nicht-natürlichen Gründen starben. Das berüchtigte Sugar House, das tatsächlich eine ganze Weile für Aberglauben und Schauergeschichten sorgte, gibt es schon lange nicht mehr. Aber irgendjemand – vorausschauend oder einfach zynisch – hat vor seinem Abriss eins der Gitterfenster und ein paar original holländische Ziegelsteine aufbewahrt. Und so steht heute noch ein Fenster…

Friedenspanzer

Wie gestern schon angekündigt: Das hier ist total von gestern. Da war Memorial Day. Der offizielle Start des Sommers, und der offizielle Tote-Soldaten-Gedenktag, an dem es diverse traditionelle Aktivitäten gibt, aber das kann man auch anderswo bequem nachlesen. Ich lenke den Blick lieber auf bunte Bänder. Die hängen nicht nur heute am Zaun rund um die Marble Collegiate Church. Die Gemeinde setzt sich mit den Kriegen auseinander, an denen die USA beteiligt sind. Seit dem dritten Jahrestag des Kriegsbeginns im Irak beten die hiesigen Kirchgänger jede Woche für die Menschen, die von diesem Krieg (und…

Heldengrab

Da sind ja gar keine Kerzen! So haben wir aber nicht gewettet. Das hier war als Candlelight-Tour angekündigt, und ich hatte es mir so ein bisschen gruselig vorgestellt (und mich gefragt, wie das dann mit den Fotos gehen soll). Und draußen ist es ja noch hell, als wir ankommen. Aber das wird schon. Ein Ranger erklärt uns erst mal, warum General Grant letztlich auch für seinen Job verantwortlich ist. Der Mann, der im Bürgerkrieg zum General aufstieg und später Präsident der Vereinigten Staaten wurde, hat nämlich auch den ersten Nationalpark gegründet. Um das zu bewahren,…

Von wegen Amateure!

Da oben sitzt es, im Buzzard’s Nest: Das schwierigste Publikum der Welt. Diese Leute sind gnadenlos in ihrem Urteil, sie machen sich lautstark Luft, und ihre Tradition könnte der Großvater vom Jury-Verhalten bei “American Idol” sein, wenn denn Sendungen wie diese jemals solche Stars hervorbrächten wie die Amateur Night im Apollo Theater in Harlem. In der Blütezeit des Jazz spielte sich in Harlem ein Schauspiel ab, das ich immer noch so schwerlich verstehe, weil ich keine Parallelerfahrungen danebenhalten kann. In den Clubs dort traten zwar viele schwarze Musiker auf; als Zuschauer aber durften Schwarze nicht…

In guter Gesellschaft

Man muss schon jemanden kennen, um hier hereinzukommen. Das ist nicht die Garderobe einer exaltierten Bühnenkünstlerin. Es ist eine der Toiletten des Players Club. Wo man durchaus exaltierte Künstlerinnen treffen kann. Aber noch nicht so lange. Zwar finde ich auf einem Tisch oben in der Bibliothek ganz viele Porträt-Karten von längst verblichenen Schönheiten vom Beginn des 20. Jahrhunderts, unter einer Glasplatte sorgsam festgehalten, aber für lange Zeit blieben die schöpferischen Herren hier unter sich. Es war New Yorks erster Gentlemanclub für Theatermenschen, die sich hier zwanglos mit Künstlern anderer Sparten austauschen sollten.  “Wir mischen uns…