Man muss schon jemanden kennen, um hier hereinzukommen.

Das ist nicht die Garderobe einer exaltierten Bühnenkünstlerin. Es ist eine der Toiletten des Players Club. Wo man durchaus exaltierte Künstlerinnen treffen kann. Aber noch nicht so lange. Zwar finde ich auf einem Tisch oben in der Bibliothek ganz viele Porträt-Karten von längst verblichenen Schönheiten vom Beginn des 20. Jahrhunderts, unter einer Glasplatte sorgsam festgehalten, aber für lange Zeit blieben die schöpferischen Herren hier unter sich. Es war New Yorks erster Gentlemanclub für Theatermenschen, die sich hier zwanglos mit Künstlern anderer Sparten austauschen sollten.  “Wir mischen uns viel zu selten unter die Köpfe, die die Welt bewegen”, hielt Gründer Edward Booth fest. “Ich will die Schauspieler in meinem Club weg bringen vom Glamour der Theaterwelt.” Frauen kamen nur als Begleitung her – bis zu Shakespeares Geburtstag 1989 die Tradition gebrochen wurde.

Im Saal liest jemand sein neuestes Stück, kleine Nebenräume laden zu kleinen Runden ein. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie früher die Pfeifen rausgeholt wurden. Die Umgangsformen – so stelle ich es mir jedenfalls vor; ich bin ja schließlich nicht seit der Gründung 1888 dabei – sind dieselben: Als echter Gentleman nimmt mein Gastgeber mir den Mantel ab und bringt mir einen Drink. Dann lerne ich, dass man hier Menschen einander vorstellt, indem man ihre Kunst lobt. Ich schüttle dem hervorragenden Pianisten die Hand, lache, als die Kabarettistin ein Bonmot aus dem Ärmel schüttelt, und sage zu, als der Magier mich fragt, ob ich ihm bei einem Trick assistieren könnte. Mehr und mehr glaube ich, ich sei in einem Salon der vorletzten Jahrhundertwende gelandet – und tatsächlich, da steht die französische Filmdozentin auf und singt “La Vie En Rose”. Ein Stand-Up-Comedian sagt, wir seien alle zu intellektuell, er sei ein betrunkenes Publikum gewohnt, und wir sollten daran arbeiten. Das mache ich natürlich nicht. Schließlich ist mein Gastgeber am Ende für mein gutes Benehmen verantwortlich.