Beim Einkaufen wohltätig sein? Klar! In New York gibt es gleich mehrere Organisationen wie Housing Works, Angel Street, Salvation Army oder Goodwill, in deren Läden jeder Einkauf einer Spende gleichkommt. Das Prinzip ist überall dasselbe: Kleidung, Möbel, Haushaltskram, Bücher und Tonträger kommen von Leuten, die eben jene Sachen nicht mehr haben möchten – und landen dann nach einer Inspektion durch ehrenamtliche MitarbeiterInnen an der Stange oder im Regal eines Ladens. Davon haben eine ganze Reihe Menschen etwas.

Die einen sind froh, dass ihre Altkleider nicht im Müll landen, sondern noch mal jemandem zugute kommen. Die anderen stürzen sich mit Begeisterung in die Suche nach Schätzen. Schließlich geben in New York auch äußerst schicke Menschen ihre Sachen weg. In thrift stores wühlen sich so manche Modefans durch jede Menge Klamotten auf der Suche nach Wertvollem oder Seltenem – oder schlicht und einfach nach Erschwinglichem. Und es fühlt sich gut an, selbst mit etwaigen Schnäppchen noch eine Organisation unterstützt zu haben, die der Not in unserem Land etwas entgegensetzt.

Doch das reicht nicht. Manche Hilfsorganisationen, besonders die größeren, arbeiten wie Unternehmen: Sie wirken auf Wachstum hin. Und das wiederum bewirkt, dass sich die Läden mitunter verändern. Das neueste Beispiel dafür ist Goodwill. Die Organisation gibt es seit mehr als hundert Jahren, seinerzeit von einem Geistlichen namens Edgar J. Helms gegründet, der nach typisch protestantischer Moral von seinen Schützlingen Leistung erwartete – und Goodwill das Motto “not charity, but a chance” (keine milde Gaben, aber eine Chance) ins Gebetbuch kritzelte.

Auch heute noch verfolgt Goodwill die Mission, die Leute ans Arbeiten zu kriegen. Also genauer gesagt, ganz unterschiedlichen Menschen dabei zu helfen, einen Job zu bekommen. Dafür gibt es ein Kaleidoskop an Programmen, das sich besonders an diejenigen richtet, deren Chancen auf eine gute Arbeitsstelle alles andere als fair sind. Zum Beispiel unterstützt Goodwill Menschen im Gefängnis dabei, dort ihren Schulabschluss nachzuholen und hilft Behinderten, aus ihren Fähigkeiten das Beste (am besten eine Karriere) zu machen. Die Organisation hat auch ein landesweites Beruf-Finden-Mentoringprogramm für Jugendliche zwischen 12 und 17 und hilft älteren Menschen, den Umgang mit neuen Technologien zu lernen. All das finanziert Goodwill mit privaten und öffentlichen Fördergeldern, Spenden … und den Erlösen aus seinen mehr als 3000 Secondhandläden. So sieht es dort aus:

Goodwill Thrift Store

Da fand der neueste Chef der Organisation allerdings eine Lücke: Die Kundschaft besteht vorwiegend aus Frauen über 45. Damit sich das ändert und auch jüngere Leute bei Goodwill für Umsatz sorgen, hat die Organisation einen Wettbewerb am New Yorker Fashion Institute for Technology ausgeschrieben. Die Gewinner bekamen 10.000 Dollar – und ihr Konzept gehört jetzt Goodwill. Auf der Upper West Side ist der erste Laden zu sehen, der nach den Ideen der StudentInnen gestaltet wurde:

Curated By Goodwill

Curated by Goodwill NYNJ sieht aus wie eine Boutique, und das Drumherum zieht jüngere Leute an, die zwar gerne immer wieder etwas Neues anziehen, aber deren Ökogewissen ihnen fast fashion verleidet hat.

Curated By Goodwill Upper West Side

In diesem Goodwill-Laden landet nur Ware, die für cool genug befunden wurde, und um das zu demonstrieren, stehen im Schaufenster und an mehreren Stellen im Laden immer wieder neu gestylte Schaufensterpuppen.

Fashion Goodwill

Auch das Personal trägt nicht etwa die blauen Goodwill-T-Shirts, sondern … Vintage. Jawohl: Hier heißt das nicht mehr Secondhand. Praktischerweise hebt ein solches Ambiente das Preisniveau, es mag also den Aufwand wieder hereinholen. Da kostet eine Bluse schon mal gerne mehr als zehn Dollar. In den anderen Filialen von Goodwill – die weiterhin existieren – kriegt man Selbige oft für unter fünf. Aber da muss man weiterhin wühlen und ohne die tollen Stylingvorschläge auskommen.

Curated By Goodwill Upper West Side

Immerhin: In den schmucklosen, althergebrachten Filialen gibt es stets eine große Auswahl an sehr günstiger Kleidung, mit der man sich im Büro oder beim Vorstellungsgespräch sehen lassen kann. Dem Motto vom ollen Pastor entrinnt dort halt auch heute keiner.

Curated By Goodwill, 217 West 79th Street (Upper West Side).