Endstation! Es wird Zeit, dass das Haltestellenpuzzle uns einmal an das Ende einer Linie führt, und an der Haltestelle Coney Island – Stillwell Av in Brooklyn enden (oder starten) gleich vier: F, D, N und Q. So kommen Fahrgäste aus verschiedenen Ecken Brooklyns und natürlich auch aus Manhattan an einen Ort, der seit Omas Zeiten aus ganz verschiedenen Gründen als Vergnügungsviertel bekannt ist.

Coney Island Drinks

Coney Island liegt am Meer, und es hat eine lange Geschichte voller günstiger Unterhaltung. Coney Island ist wie Kirmes mit Freibad, wie Strand mit Disco, wie Karneval im Hochsommer. An der Strandpromenade reihen sich Bars und Imbisse mit einem Hang zum Frittierten – und zum Alkohol. Coney Island ist einer der seltenen Orte in den USA, an denen man mit alkoholischen Getränken draußen herumsitzt oder -läuft. Am Strand selbst sind Alkohol und Zigaretten allerdings verboten.

Das alles prägt den Umkreis dieser Haltestelle natürlich, ist aber es ist nicht das einzige Entdeckenswerte (und der Hochsommer auch nicht die einzige attraktive Jahreszeit). Rund um diese Haltestelle könnt ihr einen der beliebtesten New Yorker Strände entdecken, aber auch hochkarätige Streetart, stumme Fische und laute Angler, Shows mit starken Kerlen und coolen Frauen und sehr gute, echte Old School New York Pizza.

Coney Island Subway Station

Von der Haltestelle aus seht ihr schon ein Riesenrad, und dahinter ist das Meer (Tipp: Wenn ihr mit der Linie Q fahrt, könnt ihr ab zwei Haltestellen vorher schon Blicke aufs Meer werfen). Am Hauptausgang der Haltestelle Coney Island – Stillwell Av kommt ihr an die Surf Avenue, die überquert ihr und dann geht es weiter geradeaus, ein paar Stufen hoch, auf den boardwalk, die Strandpromenade. Klar gehen wir zuerst an den Strand!

Coney Island Beach: Freibad mit Sand und Salzwasser

Fast drei Meilen (fast fünf Kilometer) Strand gibt es in Coney Island, aber es läuft wie überall: Die meisten SonnenanbeterInnen liegen in der kürzesten Entfernung zur U-Bahn. Und das kann sich anfühlen wie in der Sardinendose (haben tote Sardinen neulich bei einer Séance bestätigt). Wer ein bisschen Raum um sich mag, läuft entweder ein gutes Stück nach rechts oder links den boardwalk entlang – oder kommt unter der Woche an einem bewölkten Tag.

Coney Island Beach

Am Strand gibt es keine Liegestühle, aber bereits in der Haltestelle und natürlich auch an der Strandpromenade könnt ihr zur Not Strandlaken und so weiter kaufen. Sonnenmilch gab es in der Saison 2018 erstmals in kostenlosen Spendern – ein Pilotprojekt, mal schauen, was daraus wird. Man braucht sie jedenfalls auch im Frühjahr und Herbst dringend.

Sonnenmilch Coney Island

Coney Island Beach ist beileibe keine Ruheoase; Musik schwappt immer von irgendwoher. Selbst auf dem langen Steg, an dem zu Schwarzweißfotozeiten die Dampfschiffe aus Manhattan hielten, schallt zwischen den Anglern während der Hochsaison alle paar Meter etwas aus mitgebrachten Lautsprechern (im Winter kreischen dort fast nur die Möwen).

Im Wasser geht es relativ geordnet zu: Vom letzten Montag im Mai bis zum ersten Montag im September passen RettungsschwimmerInnen auf. Sie können das Schwimmen auch komplett verbieten, dann stecken rote Flaggen im Sand. Das geschieht an diesem Strand nicht etwa wegen Hai-Sichtung, sondern wegen rip currents (sehr gefährlichen Strömungen) oder Wasserverschmutzung. Letzteres kann man vorab auf der Website des New Yorker Gesundheitsamts nachschauen.

Wenn die RettungsschwimmerInnen längst verschwunden sind, geht ein mutiges Grüppchen immer noch baden: Von November bis April trifft man sonntags Mitglieder des Coney Island Polar Bear Clubs beim Eisbaden. Zu Neujahr veranstaltet der Verein ein inzwischen zu einer Riesensause gewachsenes Neujahrsschwimmen (na ja, ins Meer rennen). Auch für SpaziergängerInnen ist Coney Island im Winter herrlich.

New York Aquarium: Haie nach dem Sturm

Von der U-Bahn aus gesehen nach links (am schönsten ist es erst geradeaus zum Strand und dann nach links) geht es zum New York Aquarium. Wer auf dem boardwalk läuft, sollte aufpassen: Die Holzplanken reagieren aufs Wetter und werden mitunter zu Stolperfallen. Im Jahr 2012 hat der Hurrikan Sandy das älteste Aquarium der USA unter Wasser gesetzt – das klingt absurd, hat aber zu langwierigen Bauarbeiten geführt, und erst im Juni 2018 wurde ein Neubau eröffnet.

New York Aquarium

In einer Spezialabteilung schwimmen Tiere, die auch draußen vor dem Strand wohnen: Haie! Die neueste Ausstellung des Aquariums soll Verständnis für Tiere wie Sandtiger- und Ammenhaie wecken. Sie werden so gut gefüttert, dass sie die (für sie weniger attraktiven, weil knochigen) Fische im Becken in Ruhe lassen. Außerdem gibt es im neuesten Teil des Aquariums auch kunterbunte Fische (und weitere Haie) aus dem Indo-Pazifik, durch deren Welt man wie durch einen Tunnel laufen kann.

New York Aquarium, ganzjährig geöffnet, Surf Avenue Ecke West 8th Street, Eintrittspreise und Details auf der Website.

Coney Island USA: Zirkus, Varieté und Burlesque

Vor hundert Jahren war Coney Island voller Buden, vor denen Männer lauthals die größten Wunder versprachen: Schlangenmenschen und Schwertschlucker, bärtige Damen und winzige Clowns, waghalsige Akrobaten oder gewagte Kostüme. Diesen Geist trägt das 1985 gegründete Coney Island USA weiter, das in seinem Gebäude viele Ideen unter einen Zauberhut bringt.

Coney Island USA Sideshow

Programme wie die Coney Island Circus Sideshow (meist von März bis September täglich) und Burlesque at the Beach (meist an Wochenenden) und Sonderveranstaltungen wie Strong Men Festivals, der Congress of Curious Peoples und natürlich die berühmte Mermaid Parade (am 3. Samstag im Juni) vermählen Nostalgie und Übermut. In dem Gebäude mit der schlichten Showbühne gibt es auch ein kleines Museum, das die Geschichte des Vergnügungsviertels (und seiner vielen Feuertragödien) erzählt. Es ist auch im Winter an den Wochenenden geöffnet.

Coney Island USA, 1208 Surf Avenue, Programm und Details auf der Website.

Luna Park: Kirmes am laufenden Band

Kaum naht das Osterfest, regen sich die Fahrgeschäfte am Meer. So richtig geht es zwar erst mit dem Memorial Day-Wochenende (vor dem letzten Montag im Mai) los, aber in der Vorsaison haben die Vergnügungsparks von Coney Island meist schon an Schönwetterwochenenden geöffnet. Lange Zeit gab es ganz viele verschiedene dieser Parks, inzwischen sind sie zusammengeschrumpft – und nun dominiert der 2010 eröffnete Luna Park die Spielbuden und Fahrgeschäfte.

Coney Island Carousel

Anders als in Freizeitparks kann man durch den Luna Park hindurchschlendern, ohne Eintritt zu bezahlen. Wer auf ein Karussell oder eine Achterbahn möchte, darf allerdings auch nicht mit Bargeld bezahlen. Man muss vorher Karten voller credits kaufen, die dann verbraucht werden dürfen – oder einen Tagespass (den allerdings muss man online vor dem Tag des Besuchs erwerben). Zu den größten Attraktionen zählt die 1927 gebaute, denkmalgeschützte Holzachterbahn Cyclone und der hochmoderne Thunderbolt (eröffnet 2014). Das ebenfalls denkmalgeschützte, 1920 gebaute und weithin sichtbare (knapp 46 Meter hohe) Riesenrad gehört nicht zum Luna Park – es heißt Wonder Wheel und ist durch zahlreiche Filme berühmt.

Luna Park, nur während der Saison (Hauptsaison Ende Mai bis Anfang September, im April/Mai und September/Oktober meistens sa/so geöffnet, November bis März geschlossen), mehrere Abschnitte, Eingänge jeweils von der Strandpromenade aus, Details auf der Website.

Deno’s Wonder Wheel, nur während der Saison (täglich geöffnet von Juni bis zum 1. Montag im September, im April/Mai und September/Oktober meist sa/so, November bis März geschlossen), West 12th Street (zwischen Boardwalk und Surf Ave), Details auf der Website.

Coney Art Walls: Streetart hinter Gittern

Coney Art Walls 2018

Bei aller Nostalgie: Coney Island ist heute heißbegehrt bei Investoren. Das zeigt sich in immer wieder aufflammenden Vorstößen für Neubauten direkt am Strand (den ersten dieser Vorstöße machte übrigens Fred Trump). Ein Ergebnis davon sind leerstehende Parzellen, aufgekauft von ehemaligen Vergnügungsparks und inzwischen umzingelt von neuen Attraktionen. So entstand diese Open Air-Galerie: Der Bauherr ließ Wände aufstellen, gewann einen namhaften Kurator als Mittler und dann rückten bekannte Street Artists an, zum Beispiel Chris Stain, Daze, Miss Van und Nychos. Das Ergebnis gibt jede Menge beliebte Selfie-Hintergründe ab – etwa “Neon Riot” des britischen Künstlers Eine. Ein paar Buden mit Imbiss und Getränken sowie einige Picknicktische und Stühle stehen auch dort, sind aber nach einem nicht nachvollziehbaren System geöffnet (oder nicht). Damit niemand die murals übermalt, stehen rundherum Zäune.

Coney Art Walls, nur im Sommer geöffnet, 3050 Stillwell Avenue, Details auf der Website.

Totonno: Pizza wie vor knapp hundert Jahren

Selbstredend gibt es im Epizentrum des Vergnügen jede Menge zu essen (fried oreos, anyone?), und viele Reiseführer erklären einen Coney Island-Besuch ohne einen Hotdog von Nathan’s für gescheitert. Außerdem bietet sich angesichts der Meernähe ja auch eine Schale mit Muscheln an (die gibt’s direkt an der Promenade). Aber beim Haltestellenpuzzle geht’s ja rundherum, und da führt der Weg nun zu einem schlichten Pizzaladen. Dazu geht’s von der U-Bahn aus die Stillwell Avenue hoch (vom Meer weg) und dann in die Neptune Avenue.

Totonno's Pizza New York

Dort gibt es nichts als Pizza, und auch nicht als slice, sondern nur ganz (und ganz schön groß). Die ist aber nach dem Rezept eines italienischen Einwanderers gemacht, der nach 20 Jahren in der ersten Pizzeria Amerikas hier seinen eigenen Laden eröffnete. Wie es bei Totonno’s zugeht, habe ich hier beschrieben.

Totonno’s, 1524 Neptune Avenue, ganzjährig do-so geöffnet, Details auf der Website.

 

Mehr Haltestellen? Hier findet ihr die bisherigen 7 Folgen des Haltestellenpuzzles in Manhattan, Queens, Brooklyn und Staten Island.

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