Ihr verabredet euch dieser Tage vielleicht mal zum Glühweintrinken. Oder ihr echauffiert euch über angesäuselte Massen auf dem Weihnachtsmarkt. Oder ihr verflucht schmerzenden Kopfes die Kombination von Zucker und Alkohol. So oder so würdet ihr wohl verwundert gucken, wenn ein Glühweinstand extra vermerkt, dass Glühwein Alkohol enthält.

Ich wundere mich auch, aber anders, und das wundert mich nicht: Wie bitte? Da ist Alkohol drin? Echt jetzt? Offenbar lebe ich lang genug in New York, um Alkoholverbote normal zu finden und entsprechend verwundert – oder gar geschockt – auf Alkohol in der freien Großstadt-Wildbahn zu reagieren.

Blickfang der Woche

Außerhalb von Bars und Restaurants und Privatwohnungen und der einen oder anderen eingezäunten Außengastronomie darf man in kaum einem Fleckchen Amerika mit geöffneten Flaschen, Dosen oder gar Bechern herumstehen, -sitzen oder -laufen. Im Volksmund heißt die dazugehörige Regel open container – idiotensicher formuliert für diejenigen, die anfällig sind für das Märchen vom Alkohol in der Papiertüte (auch daraus darf man keinen Schluck nehmen, wieso auch?). Logischerweise gibt es auf Weihnachtsmärkten also keinen Alkoholausschank. Seit Jahr und Tag amüsiere ich mich deshalb, wenn auf einem der New Yorker Weihnachtsmärkte jemand den Zauber der deutschen Vorbilder einfangen will und gleichzeitig auf Harmonie mit den hiesigen Gesetzen sinnt.

Da steht dann “Glühwein” oder auch “Gluewein” und darunter “no alcohol” oder so was. Als Zaunpfahl für Deutschsprachige winkt zuweilen eine Pulle Kinderpunsch am Ausschank. Doch dieses Jahr fällt mein nüchterner Blick auf einen neuen Untertitel: “Hot red spiced wine (alcoholic)”! Das gibt’s meines Wissens nach allerdings nur auf einem der großen Weihnachtsmärkte in New York, nämlich am Columbus Circle, und zwar in einem abgezirkelten Bereich:

Alkohol Weihnachtsmarkt New York

Zwischen Schildern, die auf der einen Seite auf Alkohol und auf der anderen auf dessen räumliche Grenzen hinweisen, gibt es, öhm, traditionellen Glühwein. Und nicht nur das.

Rundherum locken weitere Stände mit Getränken, die an der Promillegrenze scheitern. Hard Cider mit knapp sieben Volumenprozent, Margaritas, Kakao mit 5-Dollar-Schuss Alkohol, italienischer Vin Brulé … you name it. Neben mir lassen sich zwei Leute mittags einen Kakao mit so vielen Extras reichen, dass er aussieht wie ein Eisbecherhäubchen auf Feuerzangenbowle. Zack, ist meine Fantasie mit mir durchgegangen. Ob der deutsche Weihnachtsmarkt als Vorbild etwa einen schlechten Einfluss auf New York hat?

Glühwein Alkohol New York

 

Jetzt wollt ihr mehr? Lesen, meine ich?