Eisberg im Harlem Meer

Von weitem dachte ich, das sei Schaum. Aber da schwimmt Eis im Harlem Meer, einem Gewässer ganz im Norden des Central Park. Es hat sich zwar deutlich abgekühlt, aber noch ist kein Schnee gefallen. Der Berg ist gewissermaßen ein Prophet. Ein besseres Zeichen hätte man kaum ausdenken können, um den Saisonbeginn im Lasker Rink zu signalisieren. Das ist eine der beiden Eisbahnen des Central Parks. Die unbekanntere Schwester des Wollman Rink  ist den Sportlern vorbehalten. Seit gestern trainieren hier die ersten Eishockeygruppen für ihre Wettkämpfe, und das kostet sie natürlich Geld. Nur die Torhüter nicht;…

Brooklyn Bridge Geisterbahn

Nachmittags und am frühen Abend fallen Kinderhorden unter erwachsener Aufsicht in die Läden ein, um Süßigkeiten zu fordern – und anders als für den Rest des Jahres bekommen sie die auch ohne Tränen und sogar geschenkt. Es ist halt Halloween. Sowohl Kinder als auch Erwachsene sind in allen erdenklichen Arten verkleidet – keineswegs nur gruselig. Nach Einbruch der Dunkelheit startet die Halloween Parade in Greenwich Village, unter anderem mit einer Abordnung der “Sirens of the Sea”, die trotz der Gänsehauttemperaturen an die Mermaid Parade erinnern. Eine andere Truppe tanzt in passender Garderobe die exakte Choreographie…

Kein Happy End

Ich bin nicht die Einzige mit dieser Angewohnheit. Der Fahrstuhl ist recht voll, als ich in den obersten Stock des Guggenheim Museums fahre, um danach die Spirale hinab zu laufen – und die Ausstellung in umgekehrter Reihenfolge anzuschauen.  Und das habe ich jetzt davon: “Chaos & Classicism” endet mit “The Dark Side of Classicism”, wo unter anderem Ausschnitte aus Leni Riefenstahls “Olympia” gezeigt werden. Ein paar Umdrehungen später schaut mir aus einem Gemälde ein Mann entgegen, er kauert hinter einer Matratze und fummelt an seiner Waffe herum, während zwei weitere Männer hinter ihm Gewehre über…

Reich geerbt

Es gibt kein eindeutiges deutsches Wort dafür. Alte Sorten käme noch am ehesten hin. Aber ich schätze mal, der Trend wird irgendwann ankommen, und dann weiß man auch in Deutschland, was Heirloom Tomatoes sind. Hier ist die Saison jetzt fast vorbei, die letzten paar gibt es noch, heute, vielleicht nächste Woche, dann war es das. Grüne Brat-Tomaten, pflaumenförmige hellrote, dicke gelbe, tief gefurchte rote – das ist nur eine kleine Auswahl der Tomatensorten, die in New York angesagt sind. Ihre Namen gefallen mir mindestens so gut wie die von ihren Kollegen, den Kartoffeln (Early Manly!):…

Gelb oder weiß?

Das ist mal etwas anderes. Eigelb (eggyolk) gehört in gewisser Weise zu den Underdogs, den ungeliebten Minderheiten. Zwar braucht man es für ein anständiges Spiegelei, das hier so schön poetisch “sunny side up” heißt. Aber die meisten Leute, mit denen ich spreche, ziehen beim Eigelb eine Grenze, weil sie sich Sorgen um ihren Cholesterinspiegel machen. Auch wenn sie Maisbrot für eine gesunde Gemüsebeilage halten und fettes Fleisch in sich hineinschaufeln. Irgendwo muss der Feind ja stecken. Deshalb stellt es in New York nur selten ein Problem dar, wenn man etwa ein Omelett ohne Eigelb bestellt,…

Ohne Brezeln

Mir fehlt Spargel. In New York bekommt man selten weißen Spargel, und in Deutschland mochte ich es immer sehr, dass es den nur zu einer bestimmten Saison gibt. Ich habe ihn nie nach dem Johannistag gekauft. Hier gibt es meistens grünen Spargel, und zwar so ziemlich immer. Er ist keine Besonderheit. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, als mir Anfang Oktober jemand – nein, keinen Spargel – meine Lieblingslebkuchen aus Deutschland mitbrachte: Die sind schließlich auch Saisonware. Zuckerschock mit Zeitschaltuhr: Zwischen Oktober und Dezember beschäftigte ich meine Verdauung mit kistenweise Herzen, Brezeln und Sternen. Mit…

Gleiche Höhe

Wie in jeder Großstadt gibt es in New York viele Vorschriften und viele Anlässe, sich darüber lustig zu machen oder zu versuchen, sich daran vorbeizumogeln. “Zoning” etwa regelt, was wo gebaut und wie genutzt werden darf. Zum Beispiel gibt es auf der Upper East Side für die Park Avenue Vorschriften, die das einheitliche Erscheinungsbild der fetten, alten Häuser bewahren. Wer hier neu baut, darf nicht höher hinaus. Das gilt sogar für Gebäude, die ein kleines Stück um die Ecke stehen. Genau diese Regel war ein strittiger Punkt, als Anfang der 90er Jahre hier schon längst…