Aufs Dach gestiegen

Es ist eine Frage der Perspektive: Baumhoch gewachsen ist der Grünkohl nicht. Trotzdem erheben sich seine Spitzen hoch über dem Straßenverkehr. Ich stehe schließlich auf einem Dach. In New York gibt es nicht nur herkömmlich begrünte Dächer (mit Sukkulenten etc.), sondern auch Rooftop Farms. Wenn Marktstände und Supermarktabteilungen “local produce” anbieten, also Obst und Gemüse aus der Gegend, kommt die Ware meistens aus Upstate New York oder New Jersey. Aber manchmal eben kommt das Grünzeug auch direkt aus New York City. Meist im kleinen Kreis verteilt wird es von Community Gardens (mehr oder weniger kleinen…

Angestellte

“Stehen Sie hier an?”, fragt sie. Schräg vor mir ist ein gebeugter Herr ausgeschert und greift sich Broschüren aus einem Wandhalter. Ich stehe eindeutig in der Schlange. Trotzdem bin ich gemeint. “Ja”, sage ich also. Eine Angestellte bellt uns an, wir sollen uns alle an die Wand stellen. Das klingt brutaler, als es ist. Die Wand ist glaube ich aus Marmor. Eben biegt eine Frau, die zu meiner Alterklasse gehören könnte, um die letzte Ecke vor unserem Ziel. Ein Mann, ein bisschen jünger als ich und leger gekleidet, steuert schon auf den Ausgang zu. Ansonsten…

Voran, meine Damen!

Bevor Gloria Feldt ihr neues Buch signiert, erzählt sie, worum es darin geht. Auf den Stühlen im Veranstaltungsraum der Buchhandlung liegen Zettel in Lesezeichenformat, die die neun wichtigsten Punkte aufzählen. Das braucht Gloria Feldt also nicht mehr zu tun. Sie veranstaltet ein Zahlenratespiel, das zeigt, wie wenig Frauen in entscheidenden Positionen sitzen. Doch jammern, Händeringen und sich der Ungerechtigkeiten der Welt versichern ist nicht ihr Ding. Schließlich heißt ihr Buch “No Excuses”. Gloria Feldt findet, die strukturellen Probleme, die Frauen bislang daran hinderten, Macht zu erlangen, seien größtenteils beseitigt. Und sie ist überrascht davon, wie…

Rund, eckig, gezackt

Ich bin in Versuchung, eins von den roten, gezackten Dingern zu kaufen und auszuprobieren, was man damit machen kann. Aber dann fällt mir auf, dass sie immer beim Obst liegen. Und ich dachte eher an Gemüseexperimente. Chinatown lädt zu so etwas ein, weil auf den Preisschildern zwar steht, wie das heißt, was da liegt. Aber eben nur in chinesischen Schriftzeichen, keine Chance, später nach Rezepten zu suchen, die ich eventuell verstehe. Aber jetzt werde ich abgelenkt. Von Zeichen, die ich sehr wohl verstehe. Das mag auf den ersten Blick überhaupt nicht nach Chinatown passen. Von…

Noch mehr Wind

Heidi Cullen hat mal beim Weather Channel gearbeitet – als Klimaexpertin. Inzwischen arbeitet sie bei Climate Central. Die Organisation will in Sachen Klima eine Brücke zwischen Wissenschaftlern und Öffentlichkeit schlagen. Dazu passt Heidi Cullens Buch: “The Weather of the Future” entwickelt Szenarien, wie das Wetter in, sagen wir mal: 50 Jahren wird. Die Zeitperspektive bei den Vorhersagen sei der große Unterschied zwischen Meteorologen und Klimatologen, sagt sie in ihrem Vortrag an der Columbia University. Leider bleibt der Vortrag recht unkonkret. Vielleicht liegt das daran, dass an der Eliteuni eine Menge Experten im Publikum sitzen. Schließlich…

Windige Verkaufsargumente

Sammy behagt mir nicht. Dabei sind die anderen alle so nett. Aber Sammy finde ich aufdringlicher als einen Hausierer. Ich wollte bloß wissen, wo die Windräder stehen, deren Energie man in New York kaufen kann. Aber Sammy will meine Unterschrift – wenn ich seinen Zettel unterschriebe, hätte ich ja den Windstrom noch nicht bestellt, da würde man in einem Monat auf mich zukommen, ich könnte es mir also noch mal überlegen. Ich habe den Verdacht, dass diese Wind-Ökos hier mit denselben Methoden arbeiten, wie ich es von Drückerkolonnen aus Deutschland kenne. Ich wende mich zum…

Wissensvorsprung

Einen  Zeitungsschlitz habe ich hier noch in keiner Tür gesehen. Es gibt aber durchaus Leute, die ihre Zeitung nicht auf dem Weg zur Arbeit kaufen (was man übrigens auch vom Auto aus tun kann; an den Pendler-Knotenpunkten stehen frühmorgens Zeitungsverkäufer vor der Ampel). Manche Leute haben eine abonniert, und die liegt dann einfach vor der Tür. Und die kleinen Läden bekommen gleich einen ganzen Stapel vor die Tür gelegt. Aber auch an diesen Knotenpunkten gibt es Menschen, die zur rechten Zeit am rechten Ort sind – um Unrecht zu tun. Der Zettel hängt übrigens an…