So manche New Yorker Institution kommt aus dem Ofen: Bagels, New York Pizza, Black and White Cookies. Diese leckeren, großen Kekse kamen mir gleich bekannt vor, als ich zum ersten Mal in New York war. Die sehen ja aus wie Amerikaner! Kein Wunder, dass Deutschland ein Plätzchen findet im Streit darum, wer die schwarz-weiß verzierten Backwaren erfunden hat.

In New York City hat Glaser’s Bake Shop am vehementesten den Anspruch aufs Original vertreten; die 1902 von einem bayrischen Auswandererpaar in Yorkville (Teil der Upper East Side in Manhattan) eröffnete Bäckerei hat im Juli 2018 geschlossen (ihre Website existiert aber zumindest im Moment noch). Zunächst konzentrierten sich die Glasers auf Brot, dann folgten süße Teilchen. Ihre Black and White Cookies hatten viele Fans, und viele von ihnen glauben, John und Justine Glaser hätten das Rezept von der anderen Seite des Atlantik mitgebracht. Klingt super, ist aber nirgends belegt. Der Ursprung des Gebäcks, das heute ein essbares Wahrzeichen New Yorks ist, liegt aber wahrscheinlich außerhalb der Stadtgrenzen.

Ganz vorne im Rennen um den nun-aber-wirklich-richtig-original Black and White Cookie liegt eine Bäckerei namens Hemstrought’s Bakery in Utica im Norden des Bundesstaates New York. In NYC sagen sie dazu Upstate New York, und dort oben heißen die Kekse Half Moon Cookies. Diese Bäckerei gehört zwar nicht mehr der Gründerfamilie, aber sie rühmt sich damit, das Rezept seit 1920 nicht verändert zu haben.

Half Moon Cookies bestehen aus einem Teig, der etwas fester ist als der Kollege Rührteigkuchen, und zwar entweder mit Vanillegeschmack oder mit Kakaopulver. Stellt euch einfach vor, ein Marmorkuchen müsste sich auf eine Seite schlagen. Oben auf die helle oder dunkle Grundlage kommen in der Version der Region Upstate New York/Neuengland eine weiße Buttercreme und ein Schoko-Fudge, dabei muss der “Tradition” zufolge eine Seite höher sein als die andere. In New York City dagegen schmeckt der helle Grundteig etwas säuerlicher (dazu kommen wir am Schluss noch), und die Glasur besteht aus Fondant in hell und dunkel.

Black and White Cookie

Amerikanische Soldaten sollen die Black and White Cookies nach Deutschland mitgebracht haben. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, dass meine Nachbarn es ziemlich witzig finden, dass die deutsche Version des Gebäcks Amerikaner heißt. Endlich können sie verstehen, warum ich es ziemlich lustig finde, einen Yuengling zu trinken (das ist Bier der ältesten Brauerei in den USA).

Wo der Black and White Cookie denn nun wirklich seinen Ursprung genommen hat, lässt sich offenbar nicht mehr ermitteln. Und wie ich schon bei so manchen essbaren Geschichten entdeckt habe, ist das kein Einzelfall (siehe Pizza oder die Sache mit dem Grünkohl): Wenn’s schmeckt, schneidet man sich gern eine Scheibe davon ab, und jedes Land, jede Kultur, jede Familie fügt dem jeweiligen Gericht einen eigenen Dreh hinzu.

In der Zeit um 1900 herum waren Schwarzweißmuster und starke Kontraste gerade schwer in Mode – und zwar auch beim Nachtisch. Umgeben von konstrastierenden Fliesen und zweifarbigem Parkett war es todschick, Kuchen mit hellen und dunklen Schichten zu servieren, Vanillekuchen mit Schokoschichten zum Beispiel oder eine Torte mit roten, hellen und dunklen Schichten. Und Mode wiederholt sich. Mehr als 100 Jahre später finde ich zur Weihnachtszeit dies hier in NYC:

Kekse waren um die Zeit der Wende ins 20. Jahrhundert hierzulande allerdings eher dünn und knusprig. Die neue Kuchenmode dagegen war ganz schön aufwändig, dafür bullert im schwülen Sommer ewig der Ofen, und dann hat man da eine Riesentorte herumstehen. Es leuchtet ein, dass findige BäckerInnen einen trendy Mittelweg fanden: drop cake. Also Kuchenteig, der dick genug ist, dass man ihn auf ein Blech plumpsen lassen kann und er nicht ganz zerläuft und recht schnell fertiggebacken ist. Und dann nutzt man einfach die flache Seite aus, um die Schwarzweißmode auch noch draufzupinseln. Klingt logisch.

Ob diese Art zu backen allerdings in den USA wirklich ganz neu war, bleibt dahingestellt. Vielleicht ist sie vielmehr zwischen den Jahrhunderten in Vergessenheit geraten. Im Holland des 17. und 18. Jahrhunderts hatten Leute mit Geld und Geschmack eine Schwäche für Kuchen, und sie mochten sie in Miniformat – koekjes (sprich: kuckjes), Küchlein, klingen verdächtig nach cookies. Just sayin’!

In New York City bekommt ihr an jeder Ecke in Plastik eingeschweißte Black and White Cookies – und die schmecken so, wie es ihre lange Zutatenliste vermuten lässt. Finger wech! Bäckereien unterschiedlichster Couleur haben frische Black and White Cookies, unter anderem

  • Zaro’s im Grand Central Terminal,
  • Amy’s Bakery im Chelsea Market,
  • William Greenberg Desserts (Madison Avenue zw. 82nd und 83rd St)
  • und viele weitere Bakeries, Bake Shops und oft auch in Bagel Shops.

Typisch New York soll es angeblich sein, wenn die Kekse ein bisschen zitronig schmecken. Ich bin mir nur nicht so sicher, ob das wirklich Zitrone ist, was da die Zunge reizt. Viele Rezepte, die ich fand, bestehen auf Buttermilch als Zutat. Damit, genauer gesagt nach einem Rezept von Epicurious, habe ich meine kleinen Amerikaner gebacken – genau, beim Backen kamen die Kindheitserinnerungen, und dann war nix mit halb Vanille-, halb Schokoglasur … – und der Teig ist herrlich fluffig geworden.

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