Moment mal: Beethovenmonat?

“Awareness” ist eine wichtige Sache. Ich kann das nicht so recht übersetzen, und jedes Mal aufs Neue frage ich mich, ob das nicht mehr an der dahinterstehenden Kultur als an der Vokabel liegt. In New York gehört es zum Alltag, sich für andere einzusetzen – natürlich nicht in der U-Bahn, in der Wartschlange oder sonstwo, wo man andernorts gutes Benehmen beobachten kann. Aber es gibt unzählige Organisationen, die Gutes im Sinn haben, und denen gibt man Geld oder Zeit. Weil die Organisationen wiederum auf Spenden und auf ehrenamtliche Helfer angewiesen sind, lassen sie sich etwas…

Bitte lächeln!

Die Frau erinnert mich sehr an eine Figur aus einer Fernsehserie. Ihr Gesicht, ihre Größe, ihre Haltung – nur dass die TV-Frau energisch ist, und sie hier strahlt eine Müdigkeit aus, bei der ich am liebsten sagen würde: Gehen Sie doch besser mal nach Hause, der Job ist doch jetzt viel zu viel für Sie. Aber ich bin ja nicht ihre Chefin, sondern ihre Kundin. “Passfotos können Sie da hinten in der Pharmacy machen”, hatte mir der Mann vorn an der Kasse der Drogerie gesagt. Deshalb habe ich die Frau am Pillentresen gefragt, wo man…

Von wegen Bollerwagen!

In New York konkurrieren auch die Kindertagsstätten miteinander. Manche prahlen damit, dass sie einen Garten haben (ich hab mal gegenüber von einer solchen gewohnt und konnte die paar Quadratmeter sehen, auf die aber immerhin eine Rutsche passte), andere mit all den Lernmöglichkeiten (und ja, ganz recht, man kann auch mit zwei Jahren schon Fremdsprachen lernen) oder mit Ethno-Umgebung – da findet dann jeder seine Nische, die einen haben hebräisch sprechende und koscher kochende Kindergärtnerinnen, die anderen arbeiten mit  HipHop-Experten, die die gewünschten Underground-Effekte mitliefern. Und wenn dann schließlich eine Horde Kinder angelockt wurde, muss die…

Bühne frei!

Wenn die anderen in den Brunnen springen, springst du ja auch nicht hinterher, hat mein Vater immer gerne gesagt. Aber ich muss ja unbedingt alles nachmachen. Da besuche ich eine liebe Freundin, um mir ihre neugeborene Tochter anzuschauen, und sie erzählt mir davon, dass das alles wahr ist, was sie übers Kinderkriegen sagen: Sie schwebt auf einer Hormonwolke dahin. Das mache ich jetzt auch. Und das Coole daran ist: Ich muss mich dafür nicht einmal mit dreckigen Windeln herumschlagen. Ich fühle schon alle möglichen Hormone durch mich hindurchrauschen, als ich vor dem Mikro stehe und…

Waffenstillstand

Das Feiertagswochenende ist dann auch wieder vorbei. In New York zu leben kann bedeuten, Daten ganz neu zu verstehen. Früher war der 11. November für mich der Tag, an dem die Narren losgelassen werden, um mir später kotzend im Regionalexpress beizubringen, dass Hoffnung bedeutet, der Narrenhut möge dichthalten (und nichts auf meinen Schoß tropfen lassen). In New York habe ich gelernt, dass der 11. November Veteranentag ist. Und wer gab den Ausschlag dafür. dass an diesem Tag die Soldaten durch die Stadt marschieren? Am 11.11. zur 11. Stunde unterschrieben die Deutschen den Waffenstillstand, der den…

Schnauzbart-Tag am Times Square

Da sind aber viele Schnauzbärte in der Schlange, und immer wieder rückt einer der Schnauzbartträger seine Pappattrappe zurecht. Manche sind viel, viel zu klein für einen echten Schnauzbart, andere zu weiblich, und wieder anderen fehlt das Testosteron. Ein paar Leute haben sich auch komplett kostümiert. Und das alles für Werbung. Auf dem Times Square hat ein großer Spielekonzern “Super Mario” in 3D aufgebaut. Also nicht das 3D, das hier zwar Publikum ins Kino zieht, aber sich zu Weihnachten in Fernseherform bestimmt wieder so schlecht verkauft wie Blu-Ray. Nein, um so richtig Interesse am 3D-Spiel zu…

Die oberen 1 Prozent

Oh, ich mag “site specific installations”! Kunst, die auf eine Umgebung zugeschnitten ist, bringt einen in New York an herrliche Orte. Unter die Träger einer ehemaligen Hochbahn oder an den Bauzaun zum Beispiel. Heute bringt der Tipp eines Bekannten mich ganz weit nach oben. Wir wollen uns hier eine Performance anschauen, aber alle strömen erst mal an die Fenster, sobald sich die Aufzugtüren im 33. Stock öffnen. Sehr schön, denke ich, zur Abwechslung mal ein unprätentiöses Kunstpublikum. Das schaut aber trotzdem ganz ungeniert auf andere Leute herab. Nach ein paar Minuten fängt die Performance an,…