Nächste Runde beim Haltestellen-Puzzle: Diesmal zeige ich euch 5 Dinge, die ihr rund um die Haltestelle Bedford Avenue in Williamsburg (Brooklyn) machen könnt. Zick und zack, kreuz und quer geht das. Weil die Geschmäcker verschieden sind, mische ich fröhlich Kultur, Essen, Einkaufen, Sehenswürdigkeiten … und achte drauf, dass so oft wie möglich auch etwas Skurriles, Schräges, Ungewöhnliches dabei ist.
Zur Haltestelle Bedford Avenue kommt ihr mit der U-Bahn-Linie L. Dabei geht es von Manhattan aus im Tunnel unter dem East River durch nach Brooklyn, und Bedford Avenue ist die erste Haltestelle in diesem Stadtbezirk. Ab 2019 wird die Strecke für rund anderthalb Jahre stillgelegt, damit New Yorks Verkehrsbetreiber MTA Schäden reparieren kann, die der Hurricane Sandy 2012 hinterließ. Ein Grund mehr, das Haltestellen-Puzzle schleunigst dort auszubreiten.
Die Bedford Avenue selbst gilt immer noch als Hauptader dieses Teils von Williamsburg, in dem das Hipster-Schaulaufen zaghaft von Luxus-Kinderwagen behindert wird. Diverse Ladenketten haben sich in dem Viertel niedergelassen, viele versuchen aber, die Künstler- und Lebenskünstlerviertel-Atmosphäre von früher nachzuahmen. Schaut nach dem Einsteigen einfach mal auf das Dekor des Dunkin Donut an der Ecke.
Nein, dazu zeige ich euch kein Foto. Wir gehen stattdessen erst mal die North 7th Street über die Bedford Avenue hinaus bis hinunter an den East River.
Geschichte zum Enspannen: East River State Park
Für einen Nationalpark reicht es dann doch nicht, aber überraschenderweise gibt es in New York City mehrere State Parks, und einer von ihnen liegt genau hier. Dazu gehört sogar ein Fleckchen Strand, an dem das Schwimmen verboten ist.
Davon würde ich euch so oder so abraten; der East River ist zwar nicht mehr so schlimm verschmutzt wie früher, aber sein Wasser möchte niemand versehentlich schlucken, zudem ist der Fluss quasi eine Autobahn für die kommerzielle Schifffahrt. Der Park selbst knüpft daran an: Das Gelände war im 19. Jahrhundert ein Anlegesteg, und einige Schienen und etwas Kopfsteinpflaster sollen die Erinnerung daran wachhalten.
Vor allem wandert der Blick dort aber nach Manhattan. Wenn ihr von dem Foto da oben den Eindruck bekommt, dass die Menschen in Williamsburg sich in diesem Park sehr gerne entspannen, habt ihr richtig geguckt. Zum East River State Park gehört eine Wiese, die deutlich mehr Platz bietet als das Uferstück, und einige Picknicktische stehen auch herum (passend dazu findet in einem Teil des Parks derzeit samstags die überaus beliebte und stets rappelvollle Gourmetmeile Smorgasbord statt). Nur Schatten ist Mangelware. Dafür gibt es aber kostenloses W-Lan – mit einem Passwort, das sich wohl ein Witzbold ausgedacht hat.
90 Kent Avenue (zwischen N 7th und N 10th St), nach Einbruch der Dunkelheit geschlossen, Alkoholkonsum und Tiere verboten.
Musik für zu Hause und live: Rough Trade
Klingt irgendwie vertraut? Rough Trade ist eine britische Indie-Plattenfirma, die in den 1970er Jahren aus einem Plattenladen im Westen Londons entstand. Und zu einer Zeit, als reihenweise Plattenläden zumachten, eröffnete dieser Satellit in New York (dazu gab es hier im Blog natürlich eine Geschichte). Das ist nun auch schon wieder eine Weile her, und inzwischen hat sich Rough Trade nicht nur als Laden einen Namen gemacht.
Hinten links führt nämlich eine Tür in den hauseigenen, kleinen Konzertsaal (ca. 250 Leute), wo man beispielsweise Chuck Ragan, Beth Ditto oder The Feelies für kleines Geld sehen kann. Selbstredend sind Shows von bekannteren Bands schnell ausverkauft.
Im Laden gibt es die passenden Alben, und zwar besonders auf Vinyl. Obendrein leeren Bücher, Zeitschriften und Kaffee den Geldbeutel. An den Enden vieler Regale hat das Personal Interviewzitate seiner Lieblingsmusiker mit Kreide auf dem schicken Tafellack festgehalten. Schön im Zeitgeist liegen auch die bei Rough Trade erhältlichen Musik-Kassetten – und die Möglichkeit, Tischtennis zu spielen.
64 North 9th St (einen Katzensprung vom East River Park), mo-sa 11-23h, so 11-21h, Konzertkalender auf der Website.
Kaffeepause unterm Baum: House of Small Wonder
Was macht der clevere Mensch, wenn er zu gastronomischem Behufe anbauen will und ein Baum im Weg steht? Er baut sein Café um den Baum herum. So etwas kommt sicherlich selten vor, und ich finde, damit hat sich dieses Kleinod seinen Namen schon verdient.
Drinnen, also um den Baumstamm herum, rankt sich unter einem Gewächshaus-artigen Dach auch allerlei Grünzeug. Ihm beim Wachsen zuschauen, also sehr lange herumlungern, kann man hier zwar nicht; mit den paar Plätzen würde sonst nicht genug Umsatz herausspringen, und dann bräuchte es schon ein Riesenwunder, um das House of Small Wonder zu erhalten.
Aber für eine Kaffeepause mit Croissant oder einen leckeren Mittagstisch bringen die netten Japaner flugs herbei, was das Herz begehrt. Die Speisekarte variiert immer wieder, aber man kann sich darauf verlassen, dass es außer nicht zu süßen Backwaren immer auch Sandwiches, Eier (zum Beispiel mit Kartoffelgratin!) und diverse japanische Gerichte gibt – dazu französischen Wein oder japanisches Bier.
77 North 7th Street (nahe Wythe Avenue), morgens bis nachmittags geöffnet (im Winter und Sommer jeweils unterschiedliche Zeiten), Öffnungszeiten und Speisekarte auf der Website.
Zwei Fliegen mit einer Klappe: Essen im Nitehawk Cinema
“Dinner and a Movie” ist ein amerikanischer Klassiker, der zu Zeiten von Streamingdiensten (“Netflix and Chill”) seinen Platz auf der Beliebtheitsliste verteidigen muss. Und dann zieht sich das ja auch ganz schön, wenn man erst mal essen geht und dann ins Kino.
Seit 2011 hilft das Nitehawk Cinema in Brooklyn beim Zeitsparen: In dem Programmkino gibt es nach dem Platznehmen im Kinosaal eine Speise- und Getränkekarte, und ein ausgeklügeltes Timing plus gutgeschultes Personal sorgen dafür, dass es erstaunlicherweise nicht stört, wenn das Essen oder der Cocktail anrollen.
Im coolen Williamsburg gibt’s selbstverständlich noch etwas obendrein: Zu ausgesuchten Filmen denken sich Küche und Bar passende Leckerchen aus. Ob ihr nun Chestburster Ribs zu einer Vorführung von “Alien” schmausen wollte oder nicht: Als Programmkino denken sich die Nitehawk-Macher etwas bei der Filmauswahl. Dazu gehört etwa eine Serie mit auf 35-mm-Film gedrehten, ähm, Filmen (“Long Live Celluloid!), und passend zum Kinonamen laufen jeden Freitag und Samstag “Midnight Movies”.
136 Metropolitan Avenue (von der U-Bahn aus die Bedford Avenue Richtung North 6 Street – also absteigende Straßennummern – bis Metropolitan, dann rechts), Programm auf der Website.
Edelnaschereien einkaufen: Mast Brothers Chocolate
Was das Einkaufen angeht, kann man sich rund um die Bedford Avenue in Läden verlieren, bei denen Selbstgemachtes so mühelos ins Luxuriöse changiert, dass die Preisschilder in den Hintergrund treten. Unter den Läden und Machern, die in ihrer verhältnismäßig kurzen, aber liebenswerten und clever erzählten Geschichte zu Institutionen und/oder Touristenattraktionen geworden sind, kommt man an den Mast Brothers nicht vorbei.
Die aus Iowa stammenden bärtigen Brüder Rick und Michael Mast machen seit 2007 Schokolade in Brooklyn. Und zwar nicht irgendeine Schokolade. In künstlerisches Papier verpackt warten da Ziegenmilch- Vanille- und Olivenölschoko neben anderen Sorten, und natürlich gibt es ein extra Brooklyn-Paket.
Stolz verweisen die Brüder darauf, dass die Kakaobohnen von ganz besonders exquisiten Pflanzen stammen, und nennen ihre Methode farm-to-bar (“bar” heißt in diesem Falle Tafel). Damit das buchstäblich begreifbar wird, haben sie inzwischen einen minimalistischen Laden, dessen Kundschaft nicht nur teure Schokolade kauft, sondern diese – gegen Gebühr – auch bei der Herstellung begutachtet.
11 North 3rd Street, tägl. 9-20 Uhr, Tour-Reservierung auf der Website.
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