Blickfang der Woche

Auf einer Insel kann man zwei Arten von Müll finden: Straßenmüll und Treibgut. Letzteres führt (auf Deutsch) etwas im Namen, das verheißungsvoll klingt. Nun ja, Schätze verbergen sich auch im Hausmüll. Ein ehemaliger New Yorker Müllmann namens Nelson Molina hat mit seiner Kuriositätensammlung Kultstatus erreicht – sie ist allerdings nur selten der Öffentlichkeit zugänglich. Aber bei einem Spaziergang rund um Governors Island fällt mir etwas ins Auge, das für Geschichten taugt:

Schwimmweste Treibgut Governors Island

Eine äußerst schlicht gehaltene Schwimmweste liegt dort auf den Felsbrocken, die das Ufer von Governors Island umgeben. Die Freiheitsstatue ist in Sichtweite, und drumherum schippert ein Tourboot nach dem nächsten, hinter mir liegen die Docks, an die Schlepper Containerschiffe bugsieren, und der Steg der Queen Mary 2. Vorn in der Ferne seht ihr die vielen Kräne des Hauptteils des Hafens, der in New Jersey liegt.

Unterschiedliche Wassertiefen sorgen im Hafengebiet für Strömungen, hinzu kommen die Gezeiten, der Wind und die Kraft von Hudson und East River. Woher Treibgut (oder Müll) am südlichen Ufer von Governors Island einmal kam, ist also schwer zu sagen.

Allerdings schaue ich ja öfter mal genauer hin – die Blickfang-Serie will ja gefüttert werden. Deshalb kommt mir dieses Schwimmwestendesign bekannt vor … das kenne ich von einigen Schiffen der Staten Island Ferry bei denen sie unter der Decke festgezurrt sind. Vielleicht hat sich eine bei Wind und Wetter gelöst. Oder hat etwa jemand versucht, sie als Andenken zu klauen? Das wäre ein verflixt gefährliches Ansinnen.

In letzter Zeit lese ich immer mehr Geschichten über Müll im Meer, und oft denke ich dann: Ein Uferspaziergang reicht, um zu verstehen, wie schnell das im Wasser landet, was jemand nicht mehr haben will – selbst wenn es zunächst gar nicht ins Wasser geworfen wurde.

Jeden Tag schippert ein Team der New Yorker Umweltbehörde DEP (Department of Environmental Protection) mit einem Spezialschiff durch den Hafen und die Flüsse. Es holt die Art Müll aus dem Wasser, die Boote ebenso gefährden wie die Profi-Taucher, die regelmäßig die Fähren warten.

Ein Konzertflügel soll schon einmal vor Manhattan herumgedümpelt sein sein, und immer wieder fischen die Müllsammler eine ganz spezielle Art von Krokodil aus dem Salzwasser: Hudson River Alligator nennt die Küstenwache die langen Holzpfähle, die sich ab und an von verlassenen Piers lösen und dann durch den Hafen schwimmen, ähnlich gut getarnt wie echte Krokodile.

Dagegen ist eine herumschwimmende Schwimmweste beinahe eine Erleichterung. Aber eben nur beinahe. Bei einem Großteil der tödlichen Wasserunfälle in der Gegend waren die Opfer ohne Schwimmweste ins Wasser gefallen.