Die Irrenärzte verlassen die Stadt

Erst bin ich ein bisschen enttäuscht. Susan Shapiro, die Moderatorin des Abends, scheint all ihre Studenten mobilisiert zu haben, sie dirigiert, wer wo sitzen soll – und nervt. Gerade als ich mich frage, ob das vielleicht schon zum Programm gehört, geht es los. Es ist nämlich so: Die Therapeuten New Yorks verlassen im August in Scharen die Stadt (wie alle, die mental und monetär halbwegs beisammen sind). Zum Trost für all die anderen (selbstverständlich therapiesüchtigen) New Yorker hat Susan Shapiro “The Shrinks are Away!” erfunden, eine Lesung zum Thema. Shapiro selbst liest als Vierte, monoton…

Die Schlechten ins Kröpfchen

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätte da jemand Taubenfutter verstreut. Dabei weiß doch jeder, dass man das nicht tun soll (ebensowenig wie Eichhörnchen füttern übrigens). Aber auf den zweiten Blick fällt mir wieder ein, dass ich hier nicht im Kleinstadtpark, sondern in New York bin, und so entscheide ich, dass ich diesen Fall nicht näher untersuchen möchte. Er ähnelt von meiner erhabenen Zweibeiner-ohne-Flügel-Perspektive aus gar zu sehr dem sonnengetrockneten Ende eines nächtlichen Zugs durch die Gemeinde.

Poetisches Privatvergnügen

Jetzt bin ich am hellichten Tag im Bordell gelandet. Ich sitze an einem Tisch, auf dem ein uralter Revolver liegt, und blättere durch das Angebot, das Madame mir diskret zugesteckt hat. Die anbetungswürdige New Yorker Erfindung des Poetry Brothel ist heute auf Governors Island zu Gast (sonst meistens im Back Room), und es gibt ein kleines Problem: Im Moment ist nur eine Dame da, bei der man einen zuvor gekaufen Chip einlösen kann, um sich in einem der Zimmer oben privat unterhalten zu lassen. Und dorthin ist sie gerade mit einem Herrn verschwunden. Um ihm…

Kunstfehler

“Nächstes Mal kommen wir früher”, sagt ein Mann zu seinem Begleiter. Da kann ich nur zustimmen. Donnerstag ist traditionell der Tag, an dem man nach der Arbeit durch Chelseas Galerieszene streifen, Leute beobachten (und/oder sich zur Schau stellen) und Kunst angucken geht. Nun ist zwar gerade Sommerloch; die Leute, die für die Galeristen interessant sind, haben sich in die Hamptons verzogen. Aber gerade deshalb gibt es heute den Chelsea Art Walk. Und der hat nicht, wie die üblichen Donnerstags-Vernissagen, um sechs, sondern schon um fünf begonnen. Mit der Folge: Es gibt keinen Tropfen Wein mehr,…

Offizielle Straßenmusiker

Am Lincoln Center gibt es nicht nur Opernarien (die Met – im Hintergrund – hat ja auch Sommerpause). Heute wimmelt es hier vor Straßenmusikern. Sie alle haben eben ein paar Akkorde und Texte geübt, und damit haben sie sich für den Spätnachmittag einen Stehplatz gesichert. Über dieses Prozedere und vor allem deren Benennung macht sich der Erfinder des Ganzen erst mal lustig. “Official + Busker” sei eine dieser unmöglichen Kombinationen, die sich gegenseitig ausschließen. So wie “young + democrat” oder “American + football”. Billy Bragg provoziert eben gern. In London hat er “Big Busk” (Busker…

Aufgelesen

Oh ja, gerade im Sommer sieht man, wie viel Ungeziefer sich in New York herumtreibt. Aber wer in Hochhäusern wohnt, hat zumindest nur wenig Angst vor Ratten aus dem Klo. Allerdings sind Leseratten da auch nicht so gern gesehen. So richtig prinzipiell scheint die Klolektüre ja nicht verpönt zu sein. Aber diese Toilette befindet sich in einem Buchladen – erst zahlen, dann … na, Sie wissen schon.

Rätsel: Killer-Gemüse?

Ist eigentlich Gemüse in Deutschland wieder rehabilitiert? Nachdem diverse Arten unter Verdacht standen, als Bazillenträger im Krieg gegen die Menschheit unterwegs zu sein? Hier sehe ich jetzt beeindruckendes Gemüse, auch wenn es eher nach Obst, Melonen oder Mangos aussieht: Besagtes Zeug gibt es in New York übrigens selten in der in Deutschland handelsüblichen Größe. Es ist entweder groß oder klein, auf der mittleren Ebene ist Essig. Genau wie bei der Einkommensverteilung. Dieser Text ist eine Gedächtnisübung: Eins der allseits beliebten rätselhaften Technikprobleme ließ kurzzeitig den Blog verschwinden, das letzte Backup war ein paar Minuten zu…