Kackfrei

New York ist nicht Berlin. Saftige Strafen und eine gewisse Kultur sorgen dafür, dass Hundebesitzer mit Tüten Gassi gehen, in die sie die Hinterlassenschaften ihrer Hecheltiere packen, bevor sie sie in den nächsten Müll werfen. Zumindest in den wohlhabenderen Stadtteilen trifft man Leute, die einen solchen Beutel vor sich hertragen. Und man tritt nicht in überlriechenden Matsch. Bequem erscheint es auf den ersten Blick, den Hund einfach an den nächsten Baum zu führen, damit er sein Geschäft erledigen kann. Aber: Das würde die kleinen Flächen um die Straßenbäume herum verschandeln. Und das Grünzeug in die…

Zeichensprache

Unterwegs in El Barrio (Spanish Harlem, im Nordosten von Manhattan) komme ich an einem Juweliergeschäft vorbei. Das erinnert mich daran, dass ich seit gestern meine Armbanduhr in der Tasche trage. Die Verbindung von Armband und Uhr hatte sich gelöst. Kurzentschlossen betrete ich das Geschäft. Hinter dem Tresen steht eine Frau, die gerade etwas abtrocknet, das nach einer Lunchbox aussieht, vor mir steckt ein Mann sein Wechselgeld ein und wechselt mit der Frau spanische Worte, während hinter ihr ein Mann an einem kleinen Werktisch in sein Handy bölkt. Dann nimmt die Frau mich wahr und fragt…

Achtung, Kino

Der Typ guckt mich an. Die Buchstaben springen mir entgegen, als die U-Bahn zum Halten kommt. Zwischen der Werbung für Spielfilme und TV-Serien, die allesamt so böse wie möglich aussehen möchten, hängt dieses Plakat, das “Social Network”, den Film über die Entstehung von Facebook ankündigt. Ich sehe nicht so recht ein, warum Mark Zuckerberg ein Punk sein soll (aber vielleicht möchte der Film mir das gern beibringen). Immerhin waren die Filmemacher eigenständig genug, um dem Objekt ihres Schaffens keinerlei Mitspracherecht zu geben. Der junge Mann selbst wiederum betont, der Film sei ein Fantasiewerk und der…

Weggekarrt

Es sieht so aus, als sei bald Feierabend. Und zwar nicht nur der übliche Schichtwechsel zwischen den Coffee Carts, die überall in New York frühmorgens Kaffee und Gebäck verkaufen, und den Lunch Carts, die von Mittag bis zum frühen Abend Hot Dogs oder Kebab braten. Sondern so richtig Feierabend. An der Ecke haben sie gerade die neuen Buchstaben am Laden angebracht. In einer der beiden Glastüren hängen noch die alten. “Pharmacy” steht da. Die Drogerie, die auch ein bisschen Kinderspielzeug und Kram hatte, ist schon länger geschlossen. Gegenüber hat vor einer Weile eine der großen…

Blaues Wunder

Im August verlassen viele New Yorker die Stadt. Sie haben ein Häuschen in den Hamptons (oder in Montauk), auf Fire Island oder irgendwo in Upstate New York. Man muss aber die Stadt gar nicht verlassen, um ins Grüne zu kommen. In diesem Falle eher ins Blaue. Broad Channel liegt in einem kleinen Stückchen von Queens, nicht weit vom JFK-Flughafen und kurz vor Far Rockaway (wo der lange Strand ist). Hier haben die Leute Boote vor der Garage stehen und statt Vorgarten einen Steg. Man kennt sich untereinander, grüßt freundlich, dekoriert Veranda, Briefkasten und Fenster gerne…

Rezession

Sie haben hier ja schon gedacht, die Wirtschaft habe sich wieder von der Krise erholt. So stand es in den Zeitungen, so sprachen kluge Menschen. Aber das stimmt nicht. Und das kann man überall in New York sehen. Das hier ist keine Boutique in einer schicken Gegend. Es ist ein Discounter in East Harlem, eines von diesen Geschäften, die zum Teil Konkursware verkaufen und fast ständig mit “Alles muss raus” werben. Aber jetzt und hier ist der Spruch ernst gemeint. Wie bei vielen anderen auch. Ich arbeite gerade an einer Geschichte, die sich mit solchen…

Nadel ohne Heuhaufen

Sie sind ein merkwürdiges Gespann. Zwei Männer und eine Frau. Der eine Mann gibt den New York-Kenner, die Frau gibt sich unbeeindruckt, der andere Mann gibt gar nichts von sich. Ich glaube nicht, dass er das fünfte Rad am Wagen ist. Ich glaube auch nicht, dass einer von ihnen gerade versucht, bei der Frau zu landen. Vielleicht sind sie verwandt. Oder verheiratet. Manchmal lässt sich das schwerlich unterscheiden. Ich bemerke sie, als der Kennermann in meine Richtung zeigt und ruft: “Da ist der Obelisk!” Damit meint er nicht mich. Ich war gerade dabei, Krabben in…