Fast verlobt

Ein Mann wirft mir einen gequälten Blick zu. Seine Tochter nimmt gerade ein T-Shirt in Empfang und zieht trotzdem ein Regenwettergesicht. Hier sind viele Eltern mit ihren Kindern. Und viele Leute, die so aussehen, als würden sie ihr halbes Leben vor dem Fernseher verbringen (schon schaltet sich der Rohrspatz in meinem Hirn ein: Klischeealarm!). Ich bin im Nokia Theatre am Times Square. Die Bühne ist längst umgebaut, eine Showtreppe wartet auf den Star, aber Adam Lambert lässt sich Zeit. Vor mir zickt aufgedonnerter Jüngling mit T-Shirt über Netzhemd seinen Begleiter an, der kurz darauf mit…

Nur ein Spiel

Okay, es ist gar nicht zwölf Uhr mittags. Es ist halb acht. Morgens. Jetzt spielt Deutschland gegen Serbien. Und das will ich sehen. Die meisten Bars hier lassen sich etwas einfallen, um fürs Fußballgucken zu werben. Weil man das offizielle Logo ja nicht so ohne weiteres verwenden darf, hängen sie beispielsweise Fahnen aus aller Herren Länder nach draußen. Oder lassen Fußbälle in Netzen von ihrem Schild baumeln. Aber sie alle versprechen dasselbe: “Watch every soccer game here!” Und ich habe das geglaubt. Aber jetzt stehe ich da. Erst mache ich mir keine Gedanken, weil auf…

Krisenwerbung

In New York gibt es sehr viele Kirchen. Und Tempel. Und Synagogen (die man, anders als in Deutschland, ohne Metalldetektortest betreten kann). Sogar Moscheen. Bei so großer Konkurrenz muss man sich etwas einfallen lassen, um Schäfchen zu horten. Deshalb hängt an vielen Kirchen außen ein Schaukasten mit Informationen, wann Gottesdienst ist, in welcher Sprache, und wer die Predigt halten wird. Einige lassen sich auch eine knackige Überschrift für das Thema der nächsten Predigt einfallen. Einer meiner Favoriten, den ich vor ungefähr zwei Jahren sah, war “Guess who came to dinner?” für einen Gottesdienst mit Abendmahl….

Urban Jungle

Sie waren mir noch nie sympathisch. Und jetzt habe ich auch einen Grund dafür. Dieser Grund wiederum ist der Grund dafür, warum ich nur ein unscharfes Bild als Fußnote anhängen kann. Aus dem Kasten rechts kommt unter anderem das Kabel, durch das die Internetverbindung für mein Büro rauscht. In der Ecke an dessen linker Seite rupft ein Tier (genau hinschauen!) an allem, was aus der Kiste kommt. Es reißt und kaut an den Kabeln und macht mich seit Tagen zum Mitglied der digitalen Boheme, zum Arbeiten ziehe ich in Cafés um (oder, ganz uncool, in…

Blockparty für die Elite

Ich drehe mich um, und für einen Augenblick habe ich das Gefühl, ich sei auf dem Set von “Gossip Girl” gelandet. Nur die Kameras fehlen. Die Mädchen in Weiß feiern hier heute ihren Schulabschluss am Convent of the Sacred Heart. Die katholische Mädchenschule gilt als teuerste ihrer Art in New York (Jahresgebühr über 30.000 Dollar). Lady Gaga und Paris Hilton zählen zu den Ehemaligen. Die Mädchen aus dem aktuellen Jahrgang werden von Müttern und Freundinnen noch mal schnell zurechtgezupft, dann verschwinden sie durchs Vorzelt im Schulgebäude. Drumherum sind locker 20 Häuserblöcke weit die Straßen gesperrt….

Moment mal:

First come, first serve. Nach dem Motto “wer zuerst kommt, mahlt zuerst” bekommt man in New York Theaterplätze, Werbegeschenke oder Essen – und wer zuletzt kommt, den beißt der Neid. Auch im Berufsleben. Aber dort dreht man perfide an der Formel: Last hired, first fired.